Judo – pädagogische Ziele

Pädagogische Ziele des Judosports

Jigoro Kano legte großen Wert darauf, dass die von ihm aufgestellten Prinzipien im Judo strikt eingehalten wurden. Die Prinzipien bezogen sich zum einen auf den körperlichen Zustand des Übenden, und zum anderen zu dessen moralisch-sittliche Einstellung.

Seirjoku-zenyo“ – das „Prinzip der größten Wirksamkeit“ für Körper und Geist.

Der körperliche Zustand
Der einzelne Judoka soll nach dem „Prinzip der größten Wirksamkeit“ im Bereich der Körperbeherrschung handeln. Dies bedeutet auch zum Beispiel, dass man einem körperlich überlegenen Gegner nicht mit aller Kraft entgegenstehen soll und damit zwangsläufig seine eigenen Kraftreserven vergeudet, sondern durch geschickte Körperbeherrschung und – einsatz den Krafteinsatz des Gegners in eine „Stärke“ umwandeln kann. Beispielsweise durch das Prinzip „Siegen durch Nachgeben“. Hierzu hat Kano folgendes Beispiel genannt:

„Angenommen, wir gehen einen Bergpfad entlang, an einer Seite ein Abgrund und ein Mann neben mir gehend springt plötzlich auf mich zu und versucht mich in den Abgrund zu stürzen. In diesem Falle könnte ich es nicht verhindern in den Abgrund geworfen zu werden, auch wenn ich versuchte ihm zu widerstehen. Wenn ich im Gegenteil ihm nachgebe und im selben Augenblick meinen Körper wende und meinen Gegner zum Abgrund ziehe, so kann ich ihn leicht über den Rand werfen und zur selben Zeit meinen Körper auf dem Boden in Sicherheit bringen.“ (Kano, Jigoro: in Das Judo-ABC 1984, Budo Verlag Sport Rhode, Dreieich-Sprendlingen, 1984)

Dieses Beispiel zeigt, dass man auch in einem Moment, wo man körperlich schwach erscheint, diese „Schwäche“ durch geschickte Körperbeherrschung und Einsatz in eine „Stärke“ umwandeln kann.

Dieses Prinzip kann, so Kano, auch auf anderen Gebieten menschlichen Wirkens angewandt werden. Diesen Grundsatz kann man anwenden zur Vervollkommnung des menschlichen Körpers, er kann auch angewandt werden zur Vervollkommnung der intellektuellen und moralischen Kraft. Somit ist Judo im weiten Sinne ein Studium und eine Übungsmethode für den Körper und Geist, als auch für die Vorschriften des Lebens.

 

Judowerte-Hoeflichkeit

Bildquelle: www.judobund.de
Judowerte – Höflichkeit

 

Die moralisch-sittliche Seite
Das zweite Prinzip betrifft die moralisch-sittliche Seite. Das moralische Prinzip vom gegenseitigen Helfen und Verstehen regelt das Verhalten der Judokas auf der Matte untereinander. Judo ohne Partner ist undenkbar! Nur mit einem Partner kann man die verschiedensten Techniken im Stand und der Bodenlage ausführen. Daher erscheint es nicht verwunderlich, dass sich die Judokas im Training als auch im Wettkampf ständig zueinander verbeugen. Diese asiatische Grußform hat eine tiefere Bedeutung und gehört somit nicht zur sogenannten „belastenden“ Judoetikette.

Der Deutsche Judobund hat vor einigen Jahren eine Sammlung von sogenannten „Judo-Werten“ in Wort und Bild herausgebracht. Ziel ist es, den Judoka auf diese Art und Weise die moralischen Prinzipien des Judosports zu vermitteln. Folgende Werte sollen im Judo vermittelt werden: Mut, Bescheidenheit, Höflichkeit, Respekt, Wertschätzung, Ernsthaftigkeit, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, Selbstbeherrschung und Freundschaft. Die gesamten Judowerte können auch auf der WJV-Homepage angesehen und als PDF-Datei heruntergeladen werden.

 

Textquelle: Eggert, Jens – stellenweise Auszüge aus der wissenschaftlichen Hausarbeit „Judo als Behindertensport“ für das erste Staatsexamen – Lehramt an Sonderschulen, Dezember 1988

sonstige Quellen:
Hofmann, Wolfgang: Judo – Grundlagen des Stand- und Bodenkampfes, Niederhausen/Taunus, 1978
Kano, Jigoro: in Das Judo-ABC 1984, Budo Verlag Sport Rhode, Dreieich-Sprendlingen 1984, S. 188 ff
Judo-Magazin, Fachzeitschrift für Budo-Sportarten, offizielles Organ des Deutschen Judobundes e.V. und des Deutschen Dan Kollegiums e.V., Mainz 1987, Heft 1