Es ist immer wieder das Gleiche, wenn ein Judoka anderen von seiner Sportart erzählt. Einige fuchteln plötzlich mit ihren Händen in vermeintlicher „Bruce-Lee-Manier“ vor dessen Gesicht und fragen, wie schnell man jemanden auf´s Kreuz legen oder k.o. schlagen könnte und ob man denn schon den schwarzen Gürtel hätte. Sicherlich müsste man jetzt Angst vor einem haben.
Alles Quatsch! In solchen Situationen zeigt es sich dann wieder, dass viele von Judo nicht die geringste Vorstellung haben und diesen Sport mit Kung-Fu oder Karate verwechseln oder gleichsetzten.
Den Ursprung findet man in den alten Kampfkünsten des mittelalterlichen Japans. Die Samurai, japanische Ritter, lernten bei besonderen Meistern dieser Kampfkünste ihre Gegner ohne Waffen kampfunfähig zu machen. Doch das heutige Judo hat mit den alten Künsten und deren Ziele nur noch wenig gemein.
Die „Geburtsstunde“ des Judo war im Jahre 1882. Der junge Jigoro Kano gründete in Tokio die Schule zum Studium des sanften Weges, den Kodokan, der auch heute noch als Zentrum des Judosports auf der ganzen Welt gilt.
Verschiedenen Quellen nach war angeblich ein Schwabe indirekt mitverantwortlich für die „Geburt des Judo“. Geheimrat Ernst von Baelz aus Bietigheim am Neckar war Mitte des vergangenen Jahrhunderts als Arzt nach Japan gekommen und unterrichtete an der Universität von Tokio. Von Baelz, der während seines Japanaufenthaltes die Selbstverteidigungsart Jiu-Jitsu erlernte, erachtete diese als eine geeignete gymnastische Methode, den körperlichen Zustand seiner Studenten zu verbessern. Unter diesen Studenten befand sich auch der junge Jigoro Kano. Ob sich Ernst von Baelz und Jigoro Kano jemals persönlich begegnet sind, ist historisch nicht belegt.
Kano war zumindest von den alten Kampfkünsten begeistert und studierte einige Jahre bei verschiedenen Meistern seiner Zeit. Durch das Weglassen von allen gefährlichen Schlag- und Stoßtechniken entwickelte er eine bis dahin nicht bekannte Sportart in Japan, die der „Judo“ nannte, „der sanfte Weg“.
Die Inhalte des Judo sind eine Vielzahl von Wurftechniken, die in Fuß-, Bein-, Hüft-, Hand-, Schulter- und Selbstfalltechniken ihre Anwendung finden. Im Bodenkampf gibt es ebenfalls unzählig viele Techniken, die in Haltegriffen, Würgegriffe und Armhebeltechniken eingeteilt sind.
Auch die von Jigoro Kano aufgestellten moralischen Prinzipien unterschieden sich grundlegend von den bisherigen Kampfsportkünsten. War es bisher das Ziel, einen „Gegner“ nach Möglichkeit kampfunfähig zu machen, stand nun neben der eigenen körperlichen und geistigen Vervollkommnung das Wohl des Partners im Vordergrund. Das moralische Prinzip vom gegenseitigen Helfen und Verstehen regelt noch heute das Verhalten der Judoka auf der Matte.
Denn nur derjenige, welcher Rücksicht und Fairness gegenüber seinem Partner walten lässt, wird immer einen Partner finden. Judo ohne einen Partner hingegen ist undenkbar.